James W. Graham,
Der Kurs der Kennedys

aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Rudolf Mast
Mareverlag, Hamburg

gebunden, 400 Seiten für 24 €
ISBN 978-3-86648-195-4

Der Untertitel „Wie ein kleines Boot die Geschicke einer großen Familie lenkte“ sucht die Verbindung zum Originaltitel dieses Buches: „Victura: The Kennedys, a Sailboat, and the Sea“. Er macht deutlicher als dessen deutsche Übersetzung, dass der Autor die gerade einmal acht Meter langen Segeljacht der Familie als Bezugspunkt der Kurslinien seiner Darstellung wählt. Die Weltöffentlichkeit kennt die Jacht in erster Linie von Photographien der Illustrierten, auf denen US-Präsident John F. Kennedy und seine Frau Jaqueline in glücklichen Stunden zu sehen sind. Aber alle Kennedys, ob Joe jr, John F. oder Robert und später ihre Kinder, haben diese Jacht gesegelt und wurden dort – so die These des Autors – nachhaltig geprägt. Der Schiffsname VINCTURA, also die, die siegreich sein wird, macht deutlich, um was es dieser irischen Einwandererfamilie in den USA geht.
Wer diese Familiengeschichte liest, sollte sich immer wieder ins Bewusstsein rufen: Das ist real, nicht erdichtet! Wäre es Dichtung, würde sich gewiss die Frage aufdrängen, ob da nicht ein bisschen zu viel an Dramatik, Tragischem, Aufstiegen und Abstürzen hinein gepackt wurde: Da wendet ein junger Präsident in der waffenstarrenden Konfrontation mit der UdSSR den Dritten Weltkrieg nur knapp ab. Mit seiner Vision bringt er die USA dazu, innerhalb von nicht einmal neun Jahren die Raumfahrt so weit voranzutreiben, dass sie Menschen zum Mond und unversehrt wieder zur Erde zurückbringt. Ein Attentat reißt ihn aus dem Leben, lange bevor diese Vision Realität wird. Seine Witwe heiratet einen der Reichsten der Welt, was beinahe Töne des Nibelungen-Liedes anklingen lässt. Sein Bruder scheint auf dem sicheren Weg, Präsidentschaft  und politische Ziele John F. Kennedy‘s fortzusetzen, doch dann streckt auch ihn ein Attentäter nieder. Die abergläubische Leserschaft der Boulevard-Presse behauptet bis heute, ein Fluch laste auf dieser Familie und den USA. 
In seinem Buch verbindet James W. Graham dieses Familienepos mit einer Segeljacht. In der  seglerischen Leidenschaft der Kennedys sieht der Autor etliche, typische Eigenschaften dieser Familie begründet. Damit wirft er einen anderen Blick auf sie als der gewohnte, meistens von Land aus beschriebene. 
Schade nur, dass der Verlag dem Buch bis heute den Gefallen nicht getan hat, den Klappentext an einer wesentlichen Stelle zu berichtigen. Dort wird nämlich behauptet, John F. Kennedy hätte im Zweiten Weltkrieg einen U-Boot-Untergang überlebt. Doch er war als Leutnant zur See Kommandant des seitdem legendären Schnellbootes PT-109, das durch Feindwirkung im Pazifik versenkt wurde. Trotz eigener Verletzung gelang es ihm, seine Besatzung zu retten, wofür er nicht nur ausgezeichnet, sondern auch legendär wurde. Das stellt der Autor im Buch allerdings richtig dar. 
Bei Mare werden nach wie vor Bücher nicht digital publiziert, sodass für das Lesen an Bord leider kein Gewicht und Platz sparendes E-Book verfügbar ist. Wer das Buch gerne im englischen Originaltext lesen will, kann es auch im deutschen Buchhandel kaufen: „Victura: The Kennedys, a Sailboat, and the Sea“, Verlag Oxbow Books, ISBN 978-1-61168-865-8.