Abel Janszoon Tasman,

Die Entdeckung Neuseelands
Tasmaniens und der Tonga- und Fidschi-Inseln,

1642 bis 1644
Herausgegeben, ins Deutsche übertragen und mit einem Vor- und Nachwort versehen von Egon Larsen
Edition Erdmann im marixverlag, Wiesbaden, 2012

gebunden, 237 Seiten für 24 €, ISBN 3-86539-836-7
E-Book, EPUB, 3680 KB für 19,99 €, ISBN 3-8438-0306-4


Dieses Buch gehört zu der Reihe mit Entdeckerberichten aus der Edition Erdmann. Inzwischen hat der marixverlag aus Wiesbaden diese Reihe übernommen, deren Obertitel Edition Erdmann beibehalten. In dieser Reihe werden die Reiseberichte bedeutender Entdecker ins Deutsche Übertragen, ein wenig kommentiert und erläutert, aber sonst im Original wiedergegeben. An ihnen fasziniert nicht das literarische Handwerk, sondern die Authentizität; man sieht beinahe noch Handschrift ihrer Autoren.

Abel Janszonn Tasman wurde Anfang des 17. Jahrhunderts in Lutjegast (heute Grootegast), Provinz Groningen geboren und starb dort 1659. Außer seiner zweiten Eheschließung 1632 mit Jannetje Tjaerts in Amsterdam ist aus seiner Zeit vor dem Dienst in der Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC) nichts beurkundet. Er gehört zu den weniger spektakulären Entdeckern. Außerdem hatte er „Pech“, denn ohne einen nicht ganz verständlichen Kurswechsel auf der einen großen Entdeckungsreise hätte Australien und nicht Neuseeland als erster Europäer entdecken können.

Aber bis es soweit war, diente er der VOC zuerst in niederen Rängen, dann als Kapitän. In erster Linie war das Kaufarteischifffahrt und ein guter VOC Kapitän profilierte sich durch kommerziellen Erfolg. Deshalb wurden seine Entdeckungen  an diese Latte gemessen. Beauftragte der VOC lasen die Logbücher nach jeder Reise aufmerksam, ihre Marginalien sind heute noch zu sehen und zeigen, was sie wirklich interessierte. Auch Abel Tasman war eine Weile mit dieser Analyse betraut, was seine Kompetenz belegt. Zuverlässig und mutig muss er zudem gewesen sein, denn man wählte ihn als Schiffsführer bei der Entführung eines missliebigen asiatischen Ortsfürsten. Seine Unbeherrschtheit, er schlug einen Matrosen zu Unrecht, brachten ihm einige Jahre Berufsverbot und Einkommensverluste ein, bis er wiedereingestellt wurde.

Das von Egon Larsen herausgegebene Buch ist die gekürzte Fassung des Logbuchs der einen großen Entdeckungsreise, die Abel Tasman zum Entdecker machte. Das Buch besitzt 44 zeitgenössische Illustrationen und zehn Karten sowie einen erläuternden Anhang. Das besondere an solchen Reiseberichten ist die Perspektive, aus der sie geschrieben sind: Der Schreiber kennt das Ende der Reise nicht, er ist sich eines happy ends keineswegs sicher und die niedergeschriebenen Hoffnungen des einen Tages können die Enttäuschungen des nächsten seien. Während der Leser dem Logbuchführer quasi über die Schulter schaut, erfährt er nicht nur vieles über die damalige Zeit und Seefahrt nach und um Batavia, sondern Abel Taasman nimmt wirklich Gestalt an. Wer das sucht, ist mit diesem Buch richtig bedient.

Mir ist allerdings nicht klar geworden, ob die vorliegende Übertragung auf dem Originaltext aus dem neuseeländischen Staatsarchiv oder auf dessen Übersetzung ins Englische von J.E. Heeres basiert. Der niederländische Text ist als Digitalisat des handschriftlichen Logbuchs nachzulesen; eine Transkription in Druckbuchstaben gibt es allerdings nicht. Die im vorlie-genden Buch verwandten Begriffe „Offiziere“ und „Unteroffiziere“ lässt eher den englischen Text als Quelle annehmen. Sie führt aber auf eine falsche Fährte, denn ihr liegt die englische Hierarchie, eine militärische nämlich, zugrunde. Die niederländische Hierarchie an Bord war jedoch eine zivile Rangordnung mit einem opperkoopman an der Spitze und dann erst dem schipper. Was Larsen als Unteroffiziere bezeichnet, heißt im niederländischen Original bovenhoofden (Oberhäupter) und onderstuurlieden (Untersteuerleute). Die Ränge zwischen den Mannschaften und den nautischen Offizieren sind die Bootsmänner, Segelmacher, Schiffszimmerleute sowie deren Maate (hier: Gehilfen). Völlig verwirrend wird die Übertra-gung von Larsen dort, wo er den first mate aus dem Englischen zum Maat im Deutschen macht, wo es im niederländischen Original opperstuurman (= Obersteuermann) heißt.

Ist so eine übersetzerische Leichtfertigkeit wirklich von Bedeutung für den Text? Ja! Denn diese Hierarchie zeigt, welche Struktur die VOC hatte. Es war eine Kaufmanns-Kompagnie und das Geschäft bestimmte die Seefahrt, im Unterschied zu der aus militärischer Überlegung aufgestellten britischen Navy mit einer entsprechend militärisch-orientierten Hierarchie selbst in der Handelsmarine. Es wird vielleicht auch dieser Primat des Kaufmännischen sein, der Abel Tasman seinen aus rein entdeckerischer Perspektive seltsamen Kurs wählen ließ. Noch bis heute haben sich die Randbemerkungen der Logbuch-Analysten der VOC erhalten und zeigen, was man von den opperkooplieden en schippers erwartete und welcher Maßstab für ihre Entdeckungsreisen galt: der kurzfristige Profit.

Der Herausgeber weist eingangs daraufhin, dass er bei der Wiedergabe des Logbuches die nautischen und meteorologischen Angaben fortgelassen habe. Offenbar meint Larsen,  dem Leser damit einen Gefallen getan zu haben. Doch das ist wie ein entsalzter Hering, denn gerade die nautischen Beschreibungen, die Segelführung usw. gäben dem Leser wissenswerten Aufschluss und ein nachvollziehbares Bild damaliger Seefahrt.

Lesenswert allemal und die DYC-Freunde an Bord erkennen jetzt die übersetzerischen Leichtfertigkeiten wie ein eingezeichnete Untiefe und können sie mit Vergnügen umsegeln.

Für die begrüßenswerte Ausgabe als E-Book hat der Verlag leider den Text der Printversion einfach nur digital kopiert, sodass Abbildungen auf Doppelseiten jetzt halbiert untereinander stehen. Die Chancen innovativer Widergabe, die E-Books für Graphiken und verlinkte Erläu-terungen bieten, nutzte der marix Verlag, der damit keineswegs allein steht, nicht.

Der Download ist über die Web-Sites des bevorzugten Buchhändlers möglich.

Zur Ausleihe hält die Stadtbibliothek Düsseldorf das Buch bereit.