
Susanne Billig, Die Karte des Piri Re'is.
Das vergessene Wissen der Araber und die Entdeckung Amerikas
Monographie
C.H. Beck Verlag, München 2017
303 Seiten, mit 58 Abbildungen und 4 Karten, 18,95 Euro
ISBN 978-3-406-71351-4
E-Book, 14,99 €
Karten und Seefahrt sind eng miteinander verbunden. Das merkt schon der Anfänger in seinem ersten Sportbootkurs. Voraussetzung, um Seekarten herzustellen sind einerseits fundiertes geographisches Wissen und Kenntnis des kartographierten Gebietes.
Irgendwie halten wir die Kartographie für eine Errungenschaft der abendländischen Neuzeit. Heinrich der Seefahrer, Columbus und Magellan sind Namen, die dazu spon-tan einfallen. Selbst am Thema Interessierte fragen sich allerdings nur äußerst sel-ten, ob diese Entdecker auf früheres geographisches und navigatorisches Wissen oder gar frühere Seekarten zurückgreifen konnten.
Entsprechende Publikationen und populärwissenschaftliche Sendungen weisen dazu allenfalls auf mündliche Überlieferungen und Berichte hin, die schon Columbus ge-kannt haben soll. Die Quellen werden stets in Europa gesehen, etwa bretonische Fischer, die von Strom und Wind bis an die amerikanische Ostküste gelangt sein könnten.
Susanne Billig stellt für ihr Buch die Karte des arabischen Kartographen Piri Re’is in den Mittelpunkt der Quellen, auf die europäischen Entdecker aufbauen konnten. Die-se Karte ist schon seit langem gut für Geheimnisvolles, denn es ist wirklich erstaun-lich, in welchem Maße sie mit vormodernen Mitteln die Kontinente um den Atlantik zutreffend darstellt.
Susanne Billig ist aber Wissenschaftsjournalistin und setzt deshalb weniger auf Ge-heimnisvolles, sondern auf wissenschaftliche Forschung. Die Grundlage ihrer Mono-graphie ist die Forschungsarbeit des türkischen Orientalisten Fuat Sezgin, der seit den 60er-Jahren die Geschichte der Naturwissenschaften im arabisch-islamischen Kulturkreis erforscht. Deshalb meint sie in Interviews, es sei eher sein Buch als das ihre.
Die Autorin stellt Sezgins Forschungsergebnisse anschaulich dar. Die Entdeckungen der Spanier und Portugiesen zu Beginn der Neuzeit waren nur möglich, weil sie auf das in Karten fixierte Wissen arabischer Seefahrer zurückgreifen konnten. In unseren Zeiten komplizierter Beziehungen zur arabischen Welt gewinnt diese Betrachtung an Aktualität. Aber auch ohne das bleibt diese Monographie für alle die lesenswert, die sich ein Bild davon machen wollen, wie unsere seefahrerischen Vorfahren ohne GPS und Blick von außen auf unsere Erde sich dennoch ein zutreffendes Bild von ihr ma-chen konnten – durch genaues Beobachten und logisches Denken.
Das Buch stellt die Astronomie der arabischen Welt, deren Geographie und Kartographie dar. Ein ganzer Abschnitt, das wird lesende Wassersportler gewiss besonders interessieren, befasst sich mit arabischer Nautik und deren navigatorischen Instrumente.